Warm-Up mit Home Of The Lame bei Michelle Records in Hamburg am 13.10.2012

Auf ihrer Abschieds-Tour wird die „Berlinbremenbuxtehudehamburger“ Band Home Of The Lame für die Plattenladenwoche 2012 auch bei Michelle Records in Hamburg halt machen. Am Samstag, 13. Oktober 2012 findet dort um 14:00 Uhr eins der legendären Schaufenster-Konzerte mit der Band als Plattenladenwoche-Warum-Up statt.

Über die Band:

Es muss so um 1993 herum gewesen sein, als mir auf einer Party in Hannover ein junger Schlacks vorgestellt wurde: „Das“, so ein gemeinsamer Freund, „ist Felix Mendelssohn Bartholdy.“ Was natürlich nur so halb stimmte. Aber ich wusste ja auch nicht, wer mir da gegenüberstand, groß und schlaksig. Jedenfalls liefen wir uns damals immer wieder über den Weg, persönlich oder in Tönen. Lange Abende vor dem Plattenspieler mit Platten von Miles Davis und Gram Parsons, auf Konzerten der Melvins.

Home Of The Lame (Foto: Kai Bewersdorf)

Seine Songs lernte ich nur ein bisschen später kennen, wahrscheinlich waren das zum ersten Mal die Songs von Numbfire. Oder nein, wahrscheinlich doch Home Of The Lame, damals noch ein Duo mit Jochen Gutsch, der mittlerweile in Australien lebt und als Hinterlandt Musik macht. Damals hauten die beiden Tapes im Monatstakt heraus, so kam es mir jedenfalls vor, voller verrauschter Miniaturen, in denen sich schon ankündigte, was unter dem gleichen Namen später zur Vollendung gelangte.

Natürlich hatte das nichts mit Miles Davis zu tun. Nicht direkt. Mit Gram Parsons schon viel eher, mit Kris Kristofferson und solchen Leuten. Aber irgendwie gehört für mich bei Felix Gebhard immer diese absolute Liebe zu allen möglichen Arten aufregender Musik dazu. Und wenn jetzt, auf der letzten Veröffentlichung von Home Of The Lame, ein Song „Giant Steps“ heißt wie ein Album von John Coltrane, dann bedeutet das zwar nicht, dass sich die Musik von Home Of The Lame in einem Tempo entwickelt hätte wie die von Trane in den Jahren nach 1960. Auch nicht, dass er ähnlich vehement wie jener die Grenzen der Musik wir wir sie kannten niedergerissen hätte. Hier ist Intensität etwas anderes. Eine Unmittelbarkeit, die dann doch wieder mit Jazz zu tun hat, mit einer Aufrichtigkeit, mit der unbeirrbaren Arbeit an der eigenen Kunst. Und ich habe das genau beobachtet. Weil er irgendwie immer da war. Auf der Bühne, allein oder mit der Band Home Of The Lame. Und wenn er mal wieder woanders war, sagten mir seine Songs, wo er gerade war – und manchmal auch, wo er gerade nicht war.

Jetzt will der Mann das Kapitel Home Of The Lame schließen. Die Band lebt verstreut über’s Land, ein jeder mit den unterschiedlichsten Projekten befasst. Und nach 18 Jahren Home Of The Lame muss nun auch mal etwas anderes passieren. So geht Sich-treu-bleiben aber eben auch: „The Tree Museum“ kommt auf dem bandeigenen Label Lametunes auf Vinyl und Download heraus. Mit einer kleinen Tournee nimmt Gebhard mit uns Abschied von Home Of The Lame – nicht von uns. Wer so durchdrungen ist von Musik wie Felix Gebhard, hält das nicht aus. Und das ist gut – für uns. Und „The Tree Museum“ ist ein würdiges Epitaph. Weil es durchaus ein weiterer Schritt im Schaffen von Felix Gebhard und Home Of The Lame ist, was man betonen muss: Home Of The Lame sind ja nicht einfach die Typen, die Felix Gebhards Songs spielen. Alex Böll (Bass), Ingo Schröder (Gitarre), Christian Hake (Schlagzeug) und nicht zuletzt Multitalent Marcus Schneider, der hier nicht nur Gitarre und Keyboards spielt, sondern die Songs auch aufgenommen hat, sind unverzichtbar für Home Of The Lame – hören Sie sich nur einmal diese grandiosen zweistimmigen Gitarren im Titelsong an oder diesen psychedelischen Freakout in „Giant Steps“. Aber auch, weil es lyrisch reflektiert, was in der Zeit seit dem letzten Album „Sing What You Know“ geschah. Und weil es diese spezifische Balance aus Melancholie und Glück hält, für die ich die Musik von Home Of The Lame immer ganz besonders geschätzt habe.

Andreas Schnell
Bremen, April 2012